Vize-WM-Titel: „Warum soll ich nicht zufrieden sein?“

„Ich hatte mir vor der ersten WM-Saison einen Platz unter den ersten 8 und die direkte Qualifikation für die WM 2018 vorgenommen. Ein Top-5-Platz war das optimale Ziel. Jetzt bin ich Vizeweltmeister. Warum sollte ich nicht zufrieden sein?“


Michi Härtel zog nach dem letzten und entscheidenden Lauf zur Langbahn-Weltmeisterschaft in Morizes eine positive Bilanz seiner bisher erfolgreichsten Saison.
In Südfrankreich ging er als WM-Zweiter, 4 Punkte hinter Spitzenreiter Mathieu Tresarrieu ins Rennen. Alle Trümpfe beim Heimspiel lagen damit beim 31-jährigen Franzosen. Michi konnte theoretisch noch Weltmeister werden, aber nicht aus eigener Kraft. Der um 12 Jahre jüngere Deutsche lauerte auf einen Fehler von Tresarrieu, doch der passierte nicht.

Nach zwei Vorläufen hatte Michi zwar 2 Punkte Vorsprung des Franzosen abgeknabbert, weil Tresarrieu in seinem 2. Lauf nur Vierter wurde. Doch dann kam für Härtel der verflixte Lauf 9: „Ich hatte den ganzen Abend mit meinen Starts gekämpft. Hummel lag in dem Lauf die ganze Zeit vor mir; er fuhr innen; ich war aussen. In der letzten Kurve fuhr er aber von innen geradeaus in die Kurve und ich landete aussen im Airfence, weil mir der Platz ausging.“ Obwohl es die letzte Kurve des Rennens war, brach die britische Schiedsrichterin den Lauf ab. Sie wertete das Rennen, aber disqualifizierte Härtel. Eine Kurve vorher war Glen Phillips gestürzt, doch der Engländer bekam 1 Punkt gutgeschreiben, weil er laut Schiedsrichterin zum Zeitpunkt des Abbruchs die Bahn schon verlassen hatte.

Vor den Semifinals war Michi mit 3 Laufsiegen Spitzenreiter, doch Hummel, Franc und Tresarrieu waren punktgleich, Harris und Mustonen nur 1 Punkt dahinter.

„In Frankreich begann ich zum ersten Mal einen Langbahn-WM-Lauf nicht mit dem Jawa, sondern mit dem GM, weil er mir ein besseres Fahrgefühl gab. Aber nach dem Sturz im dritten Lauf musste ich den Jawa nehmen, weil das andere Motorrad kaputt war. Mit den Jawa hatte ich bessere Starts.“

Dennoch liess der von der ADAC Stiftung Sport geförderte Dingolfinger im ersten Semifinale gegen den schnellen Josef Franc und Speedwaystar Chris Harris 2 Punkte liegen. Im zweiten Semi hatte es Tresarrieu damit in der Hand: Der Local Heroe wurde Zweiter hinter Romano Hummel, hatte damit 5 Punkte Vorsprung auf Michi und war Weltmeister.

Dennoch ging es im Finale noch um den Tagessieg: „Ich durfte erst als Vierter wählen und nahm Grün, weil Gelb ein sehr schlechter Startplatz war. Ich kam auch einen Moment als Erster aus der ersten Kurve, doch dann kam Hummel vorbei.“
Der erst 18-jährige Holländer gewann seinen ersten GP; Michi wurde noch von Franc abgefangen und wurde Tagesdritter.

Nach der Tagessiegerehrung kam die emotionale WM-Siegerehrung: Tresarrieu erhielt die WM-Goldmedaille, Härtel Silber und Franc Bronze (Foto von Jesper Veldhuizen).

„Ich bin heute ein Risiko eingegangen, aber ich denke das war auch richtig. Die Bahn war fair und gab auch viel her. Es war für die Zuschauer ein sehr spannendes Rennen“, zieht Michi Bilanz nach dem grössten Erfolg seiner jungen Karriere.

Er könnte dieses Jahr sogar noch eine weitere WM-Medaille holen, denn für das Langbahn-Team-WM-Finale am 24. September in Roden (NL) ist er als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft nominiert.

Vorher aber stehen weitere Hochkaräter an: Am Mittwoch (6.9.) fliegt Michi zu weiteren Testfahrten in Grossbritannien. Am nächsten Freitag (8.9.) schon startet er mit Wildcard beim WM-Finale Nummer 2 der Speedway-U21-Weltmeisterschaft in Güstrow.

Fotos: Jesper VELDHUIZEN